Saul
Meinst du denn, dass man sich sinken sieht?
Nein, der König schien sich noch erhaben,
da er seinen starken Harfenknaben
töten wollte bis ins zehnte Glied.
Erst da ihn der Geist auf solchen Wegen
überfiel und auseinanderriß,
sah er sich im Innern ohne Segen,
und sein Blut ging in der Finsternis
abergläubig dem Gericht entgegen.
Wenn sein Mund jetzt troff und prophezeite,
war es nur, damit der Flüchtling weit
flüchten könne. So war dieses zweite
Mal. Doch einst: er hatte prophezeit
fast als Kind, als ob ihm jede Ader
mündete in einen Mund aus Erz;
alle schritten, doch er schritt gerader.
Alle schrieen, doch ihm schrie das Herz.
Und nun war es nichts als dieser Haufen
umgestürzter Würden, Last auf Last;
und sein Mund war wie der Mund der Traufen,
der die Güsse, die zusammenlaufen,
fallen lässt, eh er sie fasst.
Nein, der König schien sich noch erhaben,
da er seinen starken Harfenknaben
töten wollte bis ins zehnte Glied.
Erst da ihn der Geist auf solchen Wegen
überfiel und auseinanderriß,
sah er sich im Innern ohne Segen,
und sein Blut ging in der Finsternis
abergläubig dem Gericht entgegen.
Wenn sein Mund jetzt troff und prophezeite,
war es nur, damit der Flüchtling weit
flüchten könne. So war dieses zweite
Mal. Doch einst: er hatte prophezeit
fast als Kind, als ob ihm jede Ader
mündete in einen Mund aus Erz;
alle schritten, doch er schritt gerader.
Alle schrieen, doch ihm schrie das Herz.
Und nun war es nichts als dieser Haufen
umgestürzter Würden, Last auf Last;
und sein Mund war wie der Mund der Traufen,
der die Güsse, die zusammenlaufen,
fallen lässt, eh er sie fasst.
Rainer Maria Rilke. Saul unter den Propheten
SAUL
Szenisches Oratorium von Georg Friedrich Händel
Libretto von Charles Jennens nach Samuel 1 und 2 AT
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Michael Hofstetter
Inszenierung: Susanne Knapp
Ausstattung: Christopher Melching
Choreografie: Jason Franklin
Dramaturgie: Frederik Wittenberg
Theater Münster 2018
Premiere: 27.10.2018 Münster