Inszenierung

Die Hochzeit des Figaro

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Oper von Wolfgang Amadé Mozart
Musikalische Leitung: Romely Pfund
Inszenierung: Susanne Knapp
Ausstattung: Alrune Sera

Landestheater Neustrelitz 2011
Premiere 26. März 2011

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DIE URKRAFT DER EROTIK

Susanne Knapp im Interview

Können Sie uns kurz den Grundgedanken Ihrer Inszenierung erläutern?

SK: Für meine Interpretation der „Hochzeit des Figaro“ spielt Erotik als Kraft, die alles in Bewegung setzt, die zentrale Rolle. Sie ist die Energie, die jede Figur der Geschichte antreibt, sie ist Motor jeglicher Aktion, jeder Intrige, aller heimlichen und offen ausgetragenen Machenschaften unserer Protagonisten. Ob in Form von Treue oder Begehren, ob im Mut zum Ausbrechen oder in der Stärke zum Festhalten – sie ist die Energie, die uns zur Wahrhaftigkeit bewegt. Cherubino ist die Personifizierung dieser Energie. Er stört die bestehende Ordnung, verwirrt und sensibilisiert. Der Graf schickt ihn mehrfach weit fort. Doch das Ausgegrenzte bekommt immer Bedeutung durch den Akt der Ausgrenzung. Man wird Cherubino nicht los. Diesen Gedanken vermitteln meine Ausstatterin Alrune Sera und ich u.a. dadurch, dass sich Bühne und Kostüme im Verlauf der Akte immer mehr ins Rot färben, welches Cherubinos Farbe ist. Auch symbolisiert das Bändchen der Gräfin, das Cherubino bei sich trägt, und das in unserer Inszenierung extrem vergrößert mitspielt, die uns umstrickende und verwirrende Liebesenergie. Die Lücke in der moralischen Ordnung, durch die die Leidenschaft immer wieder schlüpft, findet sich auch auf unserer Bühne wieder.

Sie haben sich für eine Fassung entschieden, die auf die Secco Rezitative weitestgehend verzichtet , d.h. diese werden durch kurze gesprochene Dialoge ersetzt. Warum?

SK: Ein Grundgedanke meines Konzepts ist die Verdichtung. Verdichtung in allen Ausdrucksmitteln, d.h. Konzentration auf das Wesentliche und Überhöhung des Ganzen. Die sehr kurz gehaltenen Dialoge dienen als eine Art Sprungbrett, die den Zuhörer in die neuen Musiknummern hinein katapultieren. Die Informationen, die in den Rezitativen durch Konversation mitgeteilt werden, müssen in unserer Fassung durch Aktionsdichte innerhalb der Musiknummern Ausdruck finden. Das fordert ein sehr körperliches und aktives Spiel. Bewegung und Körper werden gleichsam durch den Raum gebündelt, da dieser wie ein Tablett fungiert, der Situation und Darsteller in ihrer Aktion ausstellt. Die Herausforderung und damit der Schwerpunkt der Fassung sind die Übergänge. Es gilt, einen Gesamt-Rhythmus zu finden, der die Szenen organisch verbindet und die jeweiligen Situationen erklärt.

Ende des 18.Jh, als Beaumarchais Komödie „La folle journée ou le mariage de Figaro“ (1784) uraufgeführt wurde und als zwei Jahre später Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ an die Öffentlichkeit gelangte, war die politische Brisanz des Stoffes in der Zeit kurz vor der Französischen Revolution enorm. Ist dieser politische Ansatz heute im 21.Jh noch von Interesse?

SK: Sicher nicht mehr im Bezug auf die Standesunterschiede. Dennoch empfinde ich gerade die Figur des Figaro als sehr politisch. Er kämpft für seine Liebe, er tritt für seine menschlichen Werte ein und bleibt sich treu. Dass er dabei gemeinsam mit Susanna weit über die Grenzen des Möglichen hinaus geht und jede Ordnung sprengt, zeugt von der gewaltigen Kraft, die er hat, an sich und seine Liebe zu glauben. Figaro riskiert seinen Kopf. Nicht nur sein Image oder seine Karriere. Was tun wir nicht alles, damit unser Image oder unser sozialer Status unbeschadet bleiben, bzw. unsere Vorstellung von Karriere nicht ruiniert wird. Dafür nehmen wir oft Umstände, Missstände und Widrigkeiten in Kauf, selbst wenn sie unseren inneren Werten und Ansprüchen, die wir als Mensch oder Künstler haben, widersprechen. Figaro tut das nicht. Figaro und Susanna kämpfen. Sie tun es aus Überzeugung. Ich denke, dass wir viel von Figaro und Susanna lernen können. Die Welt braucht Menschen, die den Mut haben, für ihre inneren Werte und Überzeugungen ehrlich einzustehen, kompromisslos und ohne Wenn und Aber.

Das Interview führte Chantal Obermair
Dramaturgin, Landestheater Neustrelitz

Fotos: Jörg Metzner


Probenfotos von Frank Korte
Serie 1 / Serie 2

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