Warteschleifen I und II
Zwei Performances für Sprecher und Tänzer
Idee und Konzept: Fränk Heller, Susanne Knapp, Markus Quetsch
Inszenierung: Susanne Knapp
Tonkonzept: Ansgar Frerich
Berlin, Paderborn Forum Moderner Tanz 2003 / 2004
Texte von Max Frisch, Novalis, Tennessee Williams, Jean Cocteau,
Charles Baudelaire, Friedrich Nietzsche, Cyrus Atabay,
Leopold von Sacher-Masoch, Paul von Tarsos, Markus Quetsch
Musik von Philip Glass
Lass die Dämmerung kommen
Du kamst nicht
zu der verabredeten Zeit,
statt deiner kam die Dämmerung,
der Abend zog glanzaufwirbelnd
über die Stadt,
die ersten Sterne berührend.
In fremden Städten und auf fremden Plätzen,
komm nicht zu der verabredeten Zeit,
lass nur die Dämmerung kommen.
Cyrus Atabay
So hütet eure Seelen sehr – denn ihr habt keinerlei Gestalt gesehen an dem Tag, als der HERR am Horeb mitten aus dem Feuer zu euch redete, dass ihr nicht zu eurem Verderben handelt und euch ein Bildnis macht.
5.Mose (Deuteronomium) 4, 15
Die Welt aber ist, seit du gegangen bist, ein glatt gestrichenes Laken und ein Esstisch ohne Krümel…
Eine Frau, wartend, sinnend, den Stimmen ausgeliefert, die sie foltern. Die innere Leidenschaft ist ein Ausgeliefertsein, Passion hat die gleiche Wurzel wie Passivität. Lethargie des Festhaltenwollens an einer alten Liebe, einer alten Verletzung, einem unwandelbaren Bild. Kann man dem Chaos Struktur geben? Kämpft da jemand zwischen all seinen Zusammenbrüchen um sich selbst? Eine Frau tastet sich voran, ordnet, formuliert ihre Einsichten. Formuliert die Leere, die einer hinterließ. Endlich sagen können, wie man damit umgehen will: Ein Satz nur! Nur ein Satz…
Es gibt immer ein Gesicht aus alten Tagen, das durch alle anderen Gesichter hindurchschimmert, die uns im Laufe der Zeit begegnen.
Kakophonie in unserem Kopf. Mikrokosmos der Bühne, Makrokosmos des Zuschauerraums: In Abwesenheit der Protagonisten hallen die Stimmen in uns weiter. Wir alle haben unsere Stimmen, unser inneres Chaos aus Erinnerungen, Wünschen und Bildern – und kämpfen mithin um die Formulierung eines einzigen Satzes. Aber ist der schließlich gefundene Satz tatsächlich ein Ausweg? Sind wir aus den Warteschleifen ausgebrochen?